Narrische Schwammerl
Zwischen Aberglauben, Volksweisheiten und Naturwundern: Pilze, im österreichischen Volksmund auch „Schwammerl“ genannt, haben seit Jahrhunderten ihren festen Platz in Geschichten, Mythen und Bauernregeln. Von heiligen Patronen bis zu geheimnisvollen Hexenringen – die Welt der Schwammerl steckt voller Rätsel.
Kaum ein Naturprodukt ist so eng mit volkstümlichem Wissen und Mythen verwoben wie die Schwammerl.
Während sie einerseits ein beliebtes Nahrungsmittel darstellen und in Österreichs Küchen von Eierschwammerl bis Steinpilz hochgeschätzt werden, ranken sich andererseits zahlreiche Geschichten um ihr Erscheinen, ihr Wachstum und ihre geheimnisvolle Wirkung.
Schon die alten Bauern suchten im Wald nicht nur nach Essbarem, sondern auch nach Zeichen - und so wurden die Schwammerl zu Mittlern zwischen Natur, Religion und Aberglauben.
Schwammerl-Mythen in Österreich
Die österreichische Volkskultur kennt eine Vielzahl an Schwammerl-Geschichten.
Sie reichen von Schutzzaubern bis hin zu Wetterdeutungen.
Pilze galten nie nur als bloße Nahrung, sondern als Boten der Natur und des Göttlichen - oder gar des Dämonischen.
Der Donner zeigt die Zeit
- Dem Donner kommt im Pilzmythos große Bedeutung zu.
- Der erste Sommerdonner im Jahresverlauf markierte laut Volksglauben den Beginn der Schwammerlzeit.
- Besonders Donnerstags machte man sich dann auf die Suche - in der Hoffnung, bald prall gefüllte Körbe nach Hause zu bringen.
Die Schwammerl-Heiligen
St. Veit und Petrus zählten zu jenen, die im Brauchtum als „Schwammerl-Heilige“ gelten.
So sprach man St. Veit zu, in der Nacht des 15. Juni auf einem blinden, weißen Ross Schwammsamen auszusäen - besonders Eierschwammerl sollte er so wachsen lassen.
In einer lebhaften Erzählung verwandelte Petrus zerkautes Brot in Steinpilze und Eierschwammerl - während verärgerte Stücke zu giftigem Fliegenpilz wurden.
Unsere Rezeptempfehlungen
- Wiener Eierschwammerlgulasch
- Eierschwammerlsauce
- Gebratene Eierschwammerl
- Steinpilz-Bandnudeln
- Steinpilzsuppe
Wetterorakel Peterstag
- Besonders wichtig war der 29. Juni, der Peterstag (Festtag der Apostel Petrus und Paulus).
- Bauernregeln besagen: „Wie das Wetter am Peterstag, so bleibt’s noch sieben Wochen lang.“
- Und da die Schwammerl vom feuchten Klima abhängen, verband man das Peterstags-Wetter mit der erhofften reichen Schwammerl-Ernte.
- Leider versprach viel Regen auch Getreideknappheit, wodurch der Spruch: „Viel Schwammer, viel Jammer“ entstand.
Die Schwammamandeln
In der Steiermark glaubt man, dass das Pilzwachstum von kleinen Geistern gesteuert wird - den sogenannten „Schwammerlzwergerl“ oder „Schwammamandeln“.
Diese geisterhaften Wesen hielten besonders jene für pilzbegünstigt, die nicht „richtig getauft“ waren - also noch einen Hauch von Heidentum in sich trugen.
Wundersame Hexenringe (Feenringe)
Wenn Pilze im Kreis wuchsen, deutete man dies als Hexenringe oder Feenringe.
Solche Kreise wurden gefürchtet und zugleich bestaunt.
Man glaubte, Hexen tanzten nachts im Wald und hinterließen dabei diese geheimnisvollen Muster.
Wer einen solchen Ring betrat, setzte sich angeblich Krankheit, Unglück oder gar dem Bann der Geister aus.
Weitere Überlieferungen
Neben den bekannten Mythen existieren noch andere Überzeugungen:
- Manche sahen in giftigen Pilzen die „Prüfung Gottes“, die den Menschen Demut lehren sollte.
- In der Steiermark hieß es, dass Schwammerl nur dort wachsen, wo „die Seelen der Verstorbenen ruhen“.
- Der Brauch, die ersten drei gefundenen Pilze als Opfergabe in hohle Bäume zu stecken oder hinter sich zu werfen, erschloss sich aus dem Wunsch, sich bei den Waldgeistern beliebt zu machen
Fazit
Die Schwammerl sind in Österreich nicht nur ein kulinarischer Schatz, sondern auch ein kulturgeschichtliches Phänomen.
Zwischen Medizin, Aberglauben, Wetterdeutung und Religion entfalten sie eine mythische Welt, die zeigt, wie stark Naturbeobachtung und Volksglaube einst miteinander verwoben waren.
Auch wenn heute wissenschaftliche Erklärungen die alten Überlieferungen abgelöst haben, bleibt der Zauber der „narrischen Schwammerl“ bis heute lebendig - besonders dann, wenn im Wald plötzlich ein ganzer Hexenring im Moos erblüht.
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User Kommentare
Ich wusste gar nicht, dass es rund um die Schwammerl so viele Mythen und Geschichten gibt - sehr interessant.
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Wir bekommen jedes Jahr von Freunden aus Kärnten Eierschwammerl. Meine Familie liebt Eierschwammerlsauce mit Semmelknödeln!
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Ich wusste auch nicht, dass es um die Schwammerl so viele Mythen und Legenden gibt! Der Artikel ist sehr informativ und interessant!
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Lustiger Artikel über die „narrischen“ Schwammerl. Heuer bin ich leider fast leer ausgegangen, es gab fast keine Eierschwammerl und Steinpilze. Außer auf den Märkten zu hohen Preisen. Gestern habe ich allerdings drei tolle Pilze gesehen: den gelben Knollenblätterpilz - na dann Mahlzeit.
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